Plädoyer Josef Brusa

Die gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen für eine funktionierende Gesellschaft sind multidimensional. Diese sind eng miteinander verzahnt und lassen sich nicht isoliert lösen.

Die Herausforderungen: Klima und Umwelt, besonders Klima / Biodiversität / Rohstoffe; Ungleichheit in Bezug auf Macht, Vermögen, Chancen, Fairness, Ausgrenzung; regional, international, Geschlechter, Hautfarben, Kasten, Generationen; eine Milliarde nimmt sich so viel wie die übrigen 7 Mia. zur Verfügung haben.

Ein Wirtschaftssystem, das ungeachtet einer satten Gesellschaft nach mehr Wachstum verlangt, dem Beschäftigung wichtiger ist als Bedürfnisse und Umsatz und Profite wichtiger wie Effizienz.

Eine Gesellschaft, die Werte nur in Geld misst und dabei das Wertvollste aus den Augen verliert, nämlich Beziehungen, Familie, Musse oder kurz, das Leben selbst.

Um wirklich etwas zu ändern, müssen wir die Ursachen aufspüren.

Um den Teufelskreis einer wachstums-, beschäftigungs- und gewinnorientierten Gesellschaft zu durchbrechen, benötigen wir einen Paradigmenwechsel, der den Wirtschaftskreislauf in umgekehrter Richtung denkt, beginnend beim Bedarf. Was brauchen wir wirklich? Was ist notwendig, was bringt gewünschten Komfort und wo nur unnötigen Luxus? Im nächsten Schritt suchen wir die effizienteste und klimatauglichste Methode, diese Leistungen zu erstellen. Je weniger Ressourcen und je weniger (Erwerbs-)Arbeit dazu notwendig ist, umso besser.

Im neuen Paradigma steht der Bedarf im Mittelpunkt und nicht mehr die Erwerbsarbeit, denn das wirkliche Grundbedürfnis ist ja nicht arbeiten, sondern essen. Beschäftigt bleiben wir trotzdem.

Der weit überwiegende Teil der Grundversorgung wird nämlich durch Care-Arbeit sichergestellt, hauptsächlich die Familien- und Hausarbeit, die vorwiegend kostenlos erbracht wird und auf die auch nicht verzichtet werden kann. Weiter stellen wir fest, dass gerade die Grundversorgung von Gütern und Dienstleistungen zu einem hohen Anteil von effizienten Prozessen und Maschinen bereitgestellt werden kann. Nur 2% arbeiten noch in der Landwirtschaft. Somit liegt es auf der Hand, diese Grundversorgung den Menschen unabhängig von ihrem Erwerbseinkommen zu garantieren.

Um das alles demokratisch und selbstbestimmend zu organisieren und zu ermöglichen, sehe ich das bedingungsloses Grundeinkommen (bGE) als derzeit beste Methode. Das bGE ist kein Selbstläufer, aber ein wichtiges Instrument, dass zum Gelingen der anstehenden Veränderungen massgeblich beitragen kann. Die bedingungslose Sicherstellung der Grundversorgung und eine angemessene Entschädigung für die Care-Arbeit bringt die nötige Gelassenheit, Sachverhalte unabhängig von ihren Sachzwängen zu beurteilen, Genügsamkeit zu ermöglichen, weil man nicht beliebige Reserven anhäufen muss und es als positiv zu sehen, wenn hoch effizienten Prozessen oder gar unnötige Arbeiten Arbeitsplätze „kosten“. Eine solche Grundsicherung ermöglicht, mehr zu wagen und Geschäftsmodelle auszuprobieren, welche die Gesellschaft voranbringen, aber vielleicht erst über eine lange Durststrecke zum geschäftlichen Erfolg führen. Die Gelassenheit führt uns zur Genügsamkeit (Suffizienz). Wir benötigen weniger Dinge, um zufrieden zu sein und erhalten mehr Zeit für das Leben, für soziale Beziehungen, für das wichtigste Grundbedürfnis von uns sozialen Wesen.

Dank dem bGE können wir zu einer glücklichen, klimaverträglichen und zukunftstauglichen Gesellschaft werden.