Plädoyer Elli von Planta

Wir leben in einer Welt von Orientierungslosigkeit, dem Verlust von Sicherheit und Halt. Unsere Wirtschaftsordnung lässt uns zu Egoisten werden. Nur noch das Finanzielle zählt. Wir haben immer weniger Zeit für das, was den Menschen wesentlich ist. Das den Menschen Wesentliche ist das Soziale, das Miteinander, sind Beziehungen, eben das Menschliche. Der Mangel an Menschlichkeit bereitet uns immer mehr Unbehagen: Depressionen (Rückzug) und Aggression (Gewalt) nehmen zu. Der Mangel an Anstand und Respekt beunruhigt selbst die Unabhängigen, Privilegierten, Reichen und Satten. Wir leben in einer Welt, in der alles falsch zu sein scheint. Was aber wäre richtig?

Eine neue Weltordnung bräuchte es, meint – prominent – sogar der Papst, der in diesem Zusammenhang ein Grundeinkommen fordert. ‘Neue Weltordnung’: das klingt nach Umsturz, Revolution, Blutvergiessen. Vielleicht verliert die Vorstellung einer neuen Welt(ordnung) an dieser Bedrohlichkeit, wenn wir es andersherum formulieren; wenn wir sagen: dass wir die Welt (wieder) in Ordnung bringen sollten?

Aber worin besteht überhaupt (unser Gefühl von) Unordnung? Warum muss uns das kümmern? Welche Ordnung wäre wünschenswert? Und was hat das Grundeinkommen damit zu tun?

Es gibt «Ordnungskriterien», die die Aufklärung, die Erklärung der Menschenrechte und nicht zuletzt unsere Verfassung festgeschrieben haben. Auf einen kurzen Nenner gebracht sind dies: Freiheit, Gleichheit und Solidarität. Sie sind für alle Menschen von Bedeutung. FÜR ALLE! Überall! Jederzeit!

Was bedeuten die hehren Werte von Freiheit, Gleichheit und Solidarität auf den Boden … der Tatsachen… des Tatsächlichen?

– Wir möchten Wahlfreiheit, wenn es um Abhängigkeitsverhältnisse geht, aus denen wir aussteigen würden, wenn wir keine finanziellen Existenzängste mehr ausstehen müssten; aus Arbeitsverhältnissen oder auch privaten Beziehungen, die uns krank machen.

– Wir möchten Bedürftigen, Mittellosen und wodurch auch immer Handicapierten würdelose Bettelgänge und Stigmatisierung ersparen.

– Wir möchten die für die Gesellschaft wichtige und unverzichtbare Arbeit, die in Familien und vor allem von Frauen geleistet wird, finanziell würdigen, ebenso die Freiwilligenarbeit, ohne die unsere Gesellschaft ebenfalls nicht existieren könnte.

– Wir möchten Zeit und Raum haben, um nachzudenken, uns für Sinnvolles und unsere Mitmenschen einsetzen; uns um das Gemeinschaftliche, das Gemeinwohl kümmern, es fördern.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen wäre der Schritt in eine Ordnung, in der sich digitale Systeme, Algorithmen und der Geldfluss/die Wirtschaft den Menschen anzupassen hätte, statt dass sich Menschen dem globalisierten Marktradikalismus unterordnen müssen. Eine Ordnung auch, in der der Mensch mit der Natur in Einklang lebt, statt sie zu zerstören.

Ein bedingungsloses Grundeinkommen löst nicht alle Probleme – schon gar nicht von jetzt auf gleich. Aber ein Grundeinkommen wäre doch eine Art Versicherung. Eine Versicherung gegen Angst. Angst vor Abhängigkeit, Absturz, Armut. Bekommen würden es nur die, die es brauchen. Wie bei einer Versicherung eben. Wir würden das Grundeinkommen auch wie eine Versicherung finanzieren: solidarisch, fair, beruhend auf dem Grundsatz von Treu und Glauben.

Mit einem Grundeinkommen könnten wir die Welt wieder in Ordnung bringen. Es wäre eine Welt, in der die Angst weniger wird, eine Welt der Wahlfreiheit, der Fairness, der Zeit für Solidarität und Menschlichkeit.